Am 25. Januar 2025 hat die erste Mitgliederversammlung der Gesellschaft der Freunde der Klosterruine St. Wigbert Göllingen im neuen Jahr stattgefunden. Der Vereinsvorsitzende Günther Chmielus und die anwesenden 15 Vereinsmitglieder konnten dabei gleich ein neues und auch aktives Mitglied in der Runde begrüßen. Hauptthema der Mitgliederversammlung waren die Veränderungen in der Besucherbetreuung der Klosterruine ab Jahresbeginn. Da der Verein nun nicht mehr hauptsächlich für diese Aufgabe zuständig ist, sondern die Besucherbetreuung nun von der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten organisiert wird, bestand unter den Mitgliedern eine gewisse Verunsicherung über die Ausrichtung der weiteren Vereinstätigkeit. Im Sitzungsverlauf konnte geklärt werden, dass der Verein weiter aktiv sein möchte und Vereinsmitglieder grundsätzlich immer noch für Führungen mit Schwerpunkt auf Architektur und Geschichte des Klosters zur Verfügung stehen. Gleichzeitig zeichnete sich aber ein veränderter Schwerpunkt der Vereinsarbeit ab. In Zukunft möchte sich der Verein noch stärker dafür einsetzen,
- dass der Klosterturm in seiner Bausubstanz geschützt und erhalten wird,
- dass die geschichtliche, architekturgeschichtliche wie spirituelle Bedeutung des Klosterortes weiter erforscht und im Bewusstsein der Öffentlichkeit wahrgenommen wird sowie
- dass die Gesamtanlage in einen gepflegten und der Würde des Ortes angemessenen Zustand versetzt wird.
Darüber hinaus möchte der Verein die lange Tradition mit Konzerten und Veranstaltungen auf dem Klostergelände fortsetzen.
Ein weiteres Thema der Mitgliederversammlung war die ab August geplante neue Ausstellung „Sehen lernen. Zwischen Kloster und Konserve“ der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten in einem Gebäude der ehemaligen Konservenfabrik auf dem Klostergelände.
Im Zusammenhang mit der neuen Ausstellung gibt es unter den Vereinsmitgliedern unterschiedliche Meinungen. Während die Mehrheit im Vorstand und der Vereinsmitglieder die neue Ausstellung eher kritisch und nicht in voller Übereinstimmung mit den vom Verein vertretenen Zielen sieht, gibt es auch Stimmen im Verein, die die positiven Aspekte der neuen Ausstellung hervorheben. In den Diskussionen zu diesem Thema konnte in den letzten Monaten keine einheitliche Haltung des Vereins zu diesem Thema gefunden werden. Der Verein versteht sich dabei als Teil der kritischen Öffentlichkeit, der Probleme im Zusammenhang mit der neuen Ausstellung thematisiert und diskutiert. Im Verlauf des Diskussionsprozesses über die letzten Monate hat sich ergeben, dass unser Verein die Konzeption der Ausstellung nicht mittragen kann. Dennoch soll die neue Ausstellung nicht ver- oder behindert werden. Positive Aspekte der Ausstellung werden auch vom Verein anerkannt. Dass sich in der Vergangenheit aus der Kontroverse Konflikte und Konfrontationen entwickelt haben ist sehr bedauerlich. In der Mitgliederversammlung bestand Einigkeit darin, dass im Verein und in Zusammenarbeit mit der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten trotz unterschiedlicher Meinungen gegenseitige Akzeptanz und Verständigung angestrebt wird.
Als Grundlage für eine differenzierte Einschätzung und zur Widergabe des gesamten Meinungsspektrums im Verein sollen hier die unterschiedlichen Argumente zur neuen Ausstellung gegenübergestellt werden:
Für die neue Ausstellung spricht:
- Die Ausstellung wird sicherlich professionell und ansprechend gestaltet werden.
- Die Konservenfabrik mit dem Arbeitsalltag dort wird in der Ausstellung gewürdigt.
- Die Ausstellung wird von Experten, die sich auf ihren Themengebieten gut auskennen, konzipiert und inhaltlich verantwortet.
- Das Kloster und der Klosterturm werden in der Ausstellung auch thematisiert. Mehr Informationen zu Geschichte oder Architektur würden die Besucher überfordern. Es werden unterschiedliche Besucherinteressen angesprochen.
- Wichtig ist, dass auf dem Klostergelände etwas passiert, das die Attraktivität für Besucher erhöht und so Besucher nach Göllingen gelockt werden.
- Die Ausstellung sorgt für einen höheren Bekanntheitsgrad von Kloster Göllingen. Damit lassen sich weitere Maßnahmen leichter politisch durchsetzen.
- Die Mittel für die Ausstellung sind Fördermittel des Bundes und ausschließlich für Vermittlungsprojekte vorgesehen. Eine Nutzung dieser Mittel für erhaltende oder bauliche Maßnahme wäre nach den Angaben der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten nicht zulässig gewesen.
- Würde die Ausstellung nicht in der geplanten Form durchgeführt, wäre das Geld für Kloster Göllingen verloren.
Kritische Punkte der neuen Ausstellung sind:
- Die Entscheidung über den Aufbau und die Konzeption der Ausstellung ist ohne Mitwirkung des Vereins erfolgt. Nach Ankündigung des Ausstellungsprojekts wurde der Verein zur Zusammenarbeit eingeladen. Kritik und Anregungen aus dem Verein wurden jedoch nicht aufgegriffen. Eine tatsächliche Beteiligung des Vereins an Inhalt und Gestaltung der Ausstellung, die über die Thematisierung der Vereinsgeschichte als Objekt der Ausstellung hinausgeht, gab es nicht.
- Die Konzeption der Ausstellung mit der gleichwertigen Darstellung von Kloster und Konservenfabrik wird der Geschichte und Bedeutung des Klosterortes nicht gerecht.
- Die Einrichtung der Konservenfabrik auf dem Klostergelände zu DDR-Zeiten hat viel wertvolle Bausubstanz und im Boden enthaltene Zeugnisse der Vergangenheit zerstört. Die Atmosphäre des Klosterortes wird bis heute von den Hinterlassenschaften dieses rücksichtlosen Umgangs mit der Vergangenheit und der spirituellen Tradition des Ortes gestört. Dass nun diese Hinterlassenschaften von 30 Jahren sozialistischer Planwirtschaft auf einer Ebene mit über 500 Jahren Klostergeschichte gestellt werden, ist schwer verständlich.
- Das Ausstellungsprojekt möchte den Ort so präsentieren und erklären, wie er besteht. Damit wird das Ziel des Denkmalschutzes, nämlich der Erhalt und die Pflege historischer Bausubstanz, zumindest vorerst aufgegeben. Die übliche Reihenfolge wäre, zunächst die erhaltenswerten Bauten zu sichern und in einen vorzeigbaren Zustand zu versetzen, und dann „vermittelnde“ Maßnahmen, wie z. B. eine Ausstellung hinzuzufügen.
- Das, was in der Ausstellung zu sehen sein wird, rechtfertigt nicht den Aufwand von einer halben Million Euro für Konzeption, Gestaltung und Empfangshäuschen. Die Hauptattraktion in Göllingen ist der romanische Turm. Dieses herausragende Baukunstwerk müsste im Mittelpunkt aller denkmalpflegerischer und vermittelnder Maßnahmen stehen.
- Der Einbezug der verfallenden Gebäude der ehemaligen Konservenfabrik in das Ausstellungskonzept und die Nutzung eines dieser Gebäude als Ausstellungsraum steht im Gegensatz zu den schon seit Langem bestehenden Vorstellungen des Vereins zur Gestaltung des Klostergeländes.
- Der Bau eines neuen WC- und Empfangshäuschens am Eingang des Klostergeländes stört den Blick auf den Klosterturm und passt gestalterisch nicht zum denkmalgeschützten Umfeld. Der Bau bringt Eingriffe in den Boden des bislang noch nicht archäologisch untersuchten Bereichs der Klosterklausur mit sich. Die eilig durchgeführte Not-Dokumentation der dabei gefundenen Fundamente und Gräber ersetzt keine sorgfältig geplante archäologische Erforschung des Klosterumfelds.
- Die vorhandene historische Bausubstanz auf dem Klostergelände verfällt weiter, während erhebliche finanzielle Mittel in die Ausstellung fließen. Insbesondere der Klosterturm wird seit Jahren von eindringender Nässe in seiner Substanz geschädigt. Dies ist gut dokumentiert und für jeden sichtbar. Umfassende Sanierungsmaßnahmen wurden angekündigt, aber nicht durchgeführt. Die noch stehenden historischen Gebäude aus der Zeit der Domäne benötigen ebenfalls dringend die Bausubstanz schützende Maßnahmen. Eine Sanierung und anschließende Nutzung dieser Gebäude für die Besucherbetreuung und eine Ausstellung ist wünschenswert.